BVerwG, Urteil v. 15.1.2004 – 4 A 11/02 – [A 73 Suhl-Lichtenfels]

Mit Urteil vom 15.1.2004 – 4 A 11/02 – hat der 4. Senat die Klage eines Naturschutzverbandes gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Bau der A 73 Suhl-Lichtenfels im Abschnitt Ebersdorf (B 303) bis Lichtenfels (B 173) abgewiesen, nachdem der Verband zuvor im Eilverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit des Beschlusses erreicht hatte (BVerwG, Beschluss v. 26.3.2003 – 4 VR 6/02 -, NVwZ 2003, S. 1395 ff.). Der Kläger hatte u.a. geltend gemacht, die planfestgestellte Trasse quere ein faktisches Vogelschutzgebiet und ein potenzielles FFH-Gebiet.

Die Entscheidung in der Hauptsache enthält indes rechtlich nur wenig Neues. Wie schon im Eilverfahren hat der Senat in dieser Entscheidung erstmals bestätigt, dass bis zur förmlichen Unterschutzstellung des Vogelschutzgebietes das restriktive Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutzrichtlinie und noch nicht das mildere Schutzregime des Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-Richtlinie gilt (so EuGH, Urteil v. 7.12.2000 ‑ Rs. C-374/98 – Basses Corbières) (Rdnr. 28).

Weiterhin stellte der Senat fest, dass den Mitgliedsstaaten bei der Identifizierung der “zahlen- und flächenmäßig geeignetsten” Gebiete im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Satz 4 Vogelschutzrichtlinie ein fachlicher Beurteilungsspielraum zukomme, der nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. auch BVerwG, Urteil v. 14.11.2002 – 4 A 15.02 ‑) (Rdnr. 29).

Bei der Auswahl der Gebiete habe man sich ausschließlich an ornithologischen Kriterien, wie Seltenheit, Empfindlichkeit und Gefährdung einer Vogelart bzw. der Populationsdichte, Artenvielfalt, Entwicklungspotential sowie der Kohärenz eines Gebietes zu orientieren. Die in Art. 2 der Vogelschutzrichtlinie erwähnten Gründe wirtschaftlicher oder freizeitbedingter Art seien dagegen außer Betracht zu lassen (Rdnr. 31).

Dem IBA-Katalog 2002 komme lediglich eine Orientierungshilfe zu, welche die Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal “zahlen- und flächenmäßige” Geeignetheit nicht ersetzen könne (Rdnr. 33).

Weiterhin enthält die Entscheidung Hinweise zur Abweichungsprüfung, dort insbesondere zu den Voraussetzungen der Alternativenprüfung und des Tatbestandsmerkmals “zwingendes überwiegendes öffentliches Interesse”.

Weitere Informationen:

Fundstellen (Leitsätze und Gründe):

  • BVerwGE 120, S. 1 ff.
  • NVwZ 2004, S. 732 ff.
  • NuR 2004, S. 366 ff.

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