BayVGH, Urteil v. 30.3.2010 – 8 N 09.1861 u.a. – [Ortsumgehung Reisbach]

Mit Urteil vom 30.3.2010 erklärte der BayVGH den Bebauungs- und Grünordnungsplan “Ortsumgehung Reisbach” für unwirksam. Die hierfür tragende Erwägung vermag aber in weiten Teilen nicht zu überzeugen.

Der BayVGH stützt seine Entscheidung letztlich darauf, dass mit der Verwirklichung des Bebauungsplans einhergehende Verstöße gegen artenschutzrechtliche Zugriffsverbote nur mittels entsprechender CEF-Maßnahmen verhindert werden könnten, die Verwirklichung dieser Maßnahmen aber nicht ausreichend sichergestellt worden sei.

Soweit der VGH die fehlende Sicherstellung dieser Maßnahmen damit begründet, dass die Antragsgegnerin insoweit nicht einmal den Anforderungen des § 1a Abs. 3 S. 2 BauGB genüge, mag dies hier noch angehen, da es sich um einen planfeststellungsbeschlussersetzenden Bebauungsplan handelte. Jedenfalls bei reinen Angebotsplänen ist jedoch zu berücksichtigen, dass durch den Bebauungsplan selbst noch überhaupt keine Verwirklichung der Tatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG erfolgen kann, so dass – analog des Rechtsgedankens des Planens in die Befreiungslage – nur geprüft werden muss, ob mit Blick auf absehbare Verstöße gegen die Zugriffsverbote entsprechende CEF-Maßnahmen ersichtlich sind. Diese Maßnahmen müssen darüber hinaus aber noch nicht Eingang in den Bebauungsplan finden. Insoweit besteht ein klarer Unterschied zum Habitatschutz sowie zur Eingriffsregelung, deren Abarbeitung auf der Ebene der Bauleitplanung jeweils gesetzlich vorgeschrieben ist (vgl. § 34 Abs. 8 BNatSchG, § 1a Abs. 3 BauGB).

Definitiv zu weit geht dann die Ansicht des VGH, dass solche Maßnahmen zwingend festzusetzen seien. Dies ergebe sich aus § 42 Abs. 5 S. 3 BNatSchG a.F. (§ 44 Abs. 5 S. 3 BNatSchG), der von “festgesetzt” spricht. Dass diese Wortwahl mit Bedacht erfolgte darf indes bezweifelt werden, zumal § 44 Abs. 5 S. 3 BNatSchG nur einen kleinen Ausschnitt der im Einzelnen zur Abwendung der Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände in Betracht kommenden Maßnahmen regelt. Was soll dann für die nicht geregelten, aber unstreitig heranziehbaren Vermeidungsmaßnahmen gelten? Dass zur Sicherstellung des europäischen Naturerbes zwingend das Instrument des Rechtsbefehls bzw. der Rechtsnorm zur Hand zu nehmen ist, verlangt auch das Europarecht nicht, das schon deshalb, weil es sich bei den insoweit maßgeblichen unionsrechtlichen Vorgaben um Richtlinien handelt (FFH-RL, VRL), die nur hinsichtlich der zu erreichenden Ziele verbindlich sind, nicht aber auch hinsichtlich der Mittel (so mit Blick auf das noch strengere Habitatschutzrecht jüngst in aller Deutlichkeit GA Sharpston, Schlussanträge v. 25.2.2010 – C-535/07 -, Rdnr. 54 ff.). Es reicht daher entgegen der Ansicht des BayVGH aus, dass – wie bei der städtebaulichen Eingriffsregelung auch – sichergestellt ist, dass entsprechende Maßnahmen ergriffen werden können und sich die Gemeinde hierzu in einer Weise verpflichtet hat, die es ihr nicht erlaubt, sich hiervon wieder einseitig zu lösen.

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