VG Schleswig, Beschluss v. 17.10.2008 -1 B 28/08 – [Nachmeldung eines Vogelschutzgebietes]

Mit Beschlüssen vom 17.10.2008 hat das Verwaltungsgericht Schleswig vier Eilanträge von Landwirten von der Halbinsel Eiderstedt und aus der Eider-Treene-Sorge-Niederung als unzulässig abgelehnt.

Die Landwirte hatten versucht, im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verhindern, dass Teile ihrer Ländereien als erweiterter Vogelschutzgebietsvorschlag an die Europäische Kommission nachgemeldet und im Schleswig-Holsteinischen Amtsblatt bekannt gemacht werden.

Zur Begründung ihrer Entscheidung verwies die 1. Kammer des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts auf ihre Rechtsprechung aus dem Jahr 2004, wonach es Eigentümern und Pächtern betroffener Flächen zuzumuten sei, den Erlass einer entsprechenden Landesverordnung abzuwarten, um dann dagegen – auch vorläufigen – Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu können. Die im Vorfeld stattfindende Auswahl und Benennung der betroffenen Gebiete allein habe noch keinerlei Rechtswirkungen nach außen. Auch die Weitermeldung an die EU-Kommission erfolge zunächst rein informatorisch.

Wenn später festgestellt werden sollte, dass die entsprechende Auswahl der Flächen von Beginn an fehlerhaft und nichtig gewesen sei, entfalte die Weitermeldung nach Brüssel keine Wirkung, da etwas, was noch gar nicht durch einen wirksamen Rechtsakt hergegeben worden sei, auch nicht zurückgeholt werden könne und müsse.

Seit 2004 habe sich auch weder durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs noch durch das geänderte Landesnaturschutzgesetz eine zu berücksichtigende Änderung der Rechtslage ergeben, so dass es keine Veranlassung gebe, die seinerzeitige Rechtsauffassung zu ändern.

Gegen die Beschlüsse ist die Beschwerde zum Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht eingelegt worden. Bedenklich stimmen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts insoweit, als sich der EuGH zur Frage der rechtlichen Qualität der Gebietsmeldung an die EU-Kommission noch nicht explizit geäußert hat. Ausführungen der GA Kokott in den Schlussanträgen vom 23.02.2006 im Vertragsverletzungsverfahren gegen Portugal (dort vor allem Rdnr. 13) legen vielmehr nahe, dass mit der Erklärung an die Kommission der betreffende Mitgliedstaat anerkennt, dass in diesem Gebiet die Auswahlvoraussetzungen nach der Vogelschutzrichtlinie bestehen und der Mitgliedstaat somit – abschließend – Gebrauch von dem ihm bei der Gebietsauswahl zustehende Beurteilungsspielraum gemacht hat. Einmal benannte Gebiete könnten dann – selbst wenn sie innerstaatlich rechtswidrig ausgewählt wurden – de facto nicht mehr zurückgeholt werden. Das Verwaltungsgericht bürdet damit den Landwirten das volle Prognoserisiko dafür auf, dass der EuGH der gemeinschaftsrechtlich eher abwegigen – schließlich soll mit der Meldung an die Kommission Rechtssicherheit geschaffen werden – Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts folgen werde. Die Verweisung auf nachträglichen Rechtsschutz könnte sich vor diesem Hintergrund als Farce erweisen.

Weitere Informationen:

Tags: , , , , , ,

Kommentieren