EuGH, Urteil v. 28.02.1991 – Rs. C-57/89 – [Leybucht]

Die Bundesrepublik Deutschland hat nicht gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen hat, weil sie unter Verstoß gegen Artikel 4 Absatz 4 der Vogelschutzrichtlinie Baumaßnahmen in einem als besonderes Schutzgebiet ausgewiesenen Lebensraum, namentlich in der Leybucht, durchgeführt hat.

Zwar verfügen die Mitgliedstaaten über einen gewissen Beurteilungsspielraum, wenn sie gemäß Artikel 4 Absatz 1 der über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten die für eine Erklärung zu besonderen Schutzgebieten geeignetsten Gebiete bestimmen. Dagegen kann ihnen nicht der gleiche Beurteilungsspielraum zustehen, wenn sie derartige Gebiete, in denen die geeignetsten Lebensverhältnisse für die in Anhang I aufgeführten Arten bestehen, flächenmässig ändern oder verkleinern wollen; anderenfalls könnten sie sich einseitig ihren Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 4 der Richtlinie entziehen.

Daraus folgt, daß die Mitgliedstaaten ein besonderes Schutzgebiet nur dann flächenmässig verkleinern dürfen, wenn dafür ausserordentliche Gründe vorliegen.

Hierbei muß es sich um Gründe des Gemeinwohls handeln, die Vorrang vor den mit der Richtlinie verfolgten Umweltbelangen haben. In diesem Zusammenhang können die in Artikel 2 der Richtlinie genannten Belange – wirtschaftliche und freizeitbedingte Erfordernisse – nicht in Betracht kommen.

Weitere Informationen:

Entscheidungsbesprechung:

Fundstellen (Leitsätze und Gründe):

  • Slg. 1991, I-883
  • NVwZ 1991, 559 ff.
  • NuR 1991, 249 ff.

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