EuGH, Urteil v. 09.06.2011 – C-383/09 – [Kommission/Frankreich]

Nachdem die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 20.01.2011 etwas irritierende ausgefallen waren, wirft auch das Urteil des EuGH vom 09.06.2011 Fragen auf.

Das Urteil bringt ein Vertragsverletzungsverfahren der Kommission gegen Frankreich zum Abschluss. Die Kommission hatte Frankreich vorgeworfen, seine Verpflichtungen aus Art. 12 FFH-RL verletzt zu habe, indem es nicht genug für den Schutz des Feldhamsters getan habe. In seinem Urteil rekurriert der EuGH auf frühere Entscheidungen, in denen er die neben den reinen Verbotstatbeständen in Art. 12 Abs. 1 FFH-RL angelegte aktive Schutzpflicht in Halbsatz 1 herausgearbeitet hatte (so insbesondere Urt. v. 11.01.2007, Rs. C-183/05, Rn. 30 – Kommission/Irland). Sodann kommt er zu dem Ergebnis, dass Frankreich gegen diese Schutzdimension verstoßen habe.

Verwirrend ist insoweit nur, dass der EuGH in Rn. 18 seines Urteils vom 09.06.2011 auf Art. 12 Abs. 1 lit. d FFH-RL abhebt, in Rn. 19 des Urteils dann auf die aktive artenschutzrechtliche Schutzpflicht zu sprechen kommt und dies mit den Worten „die Umsetzung dieser Bestimmung“ einleitet. Bislang aber hat der EuGH die aktive Schutzpflicht aus Art. 12 Abs. 1 Halbs. 1 FFH-RL abgeleitet. Wollte der EuGH damit die Auffassung von Generalanwältin Kokott bestätigen, dass die dezidiert in Art. 12 Abs. 1 FFH-RL aufgeführten Verbote jeweils zugleich auch Gebote enthalten?

Dies bleibt leider unbeantwortet; die vom EuGH gewählte Formulierung widerspricht der Bezugnahme auf frühere Entscheidungen zum aktiven Artenschutz. Letztlich wird es aber wohl auch aus Sicht des EuGH nicht zu beanstanden sein, dass in Deutschland der aktive Artenschutz in § 38 Abs. 2 BNatSchG eine eigene Umsetzung erfahren hat, die losgelöst von den nicht nur die Naturschutzbehörden betreffenden artenschutzrechtlichen Verbote steht. Es bleibt aber spannend, inwieweit die zunehmend ergebnisorientierte Leseart der artenschutzrechtlichen Vorschriften sich auf die Vorhabenszulassung auswirken wird, so dass Vorhabenträger noch stärker zu den Leidtragenden werden können, wenn die Naturschutzbehörden – wie sooft gerade auch kommunaler Ebene – ihre Aufgaben nicht erfüllt haben.

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