EuGH, Urteil v. 11.09.2012 – C-43/10 – [Acheloos]

Mit Urteil vom 11.09.2012 beantwortete der EuGH zahlreiche ihm vom Symvoulio tis Epikateias (Griechenland) vorgelegte Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Umleitung des Oberlaufs des Flusses Acheloos nach Thessalien. Diese Fragen betrafen zunächst die Wasserrahmen- und die UVP-Richtlinie, dann aber auch die FFH-Richtlinie.

Insofern stellte der EuGH zunächst fest, dass mit der Bekanntgabe der Entscheidung der Kommission über die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung diese Entscheidung wirksam werde und ab diesem Zeitpunkt Art. 6 FFH-RL Anwendung finde.

Sodann bestätigte der EuGH seine Rechtsprechung zu den Anforderungen an die FFH-Verträglichkeitsprüfung, wie sie seit der legendären Muschelfischer-Entscheidung (Urteil vom 07.09.2004) in aller Munde sind. Auch bestätigte er nochmals die erst jüngst konkretisierten Anforderungen an die Abweichungsprüfung (siehe Urteil vom 16.02.2012).  Hieran anknüpfend kam der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Bewässerung und Trinkwasserversorgung die Abweichungsvoraussetzungen des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL grundsätzlich erfüllten. Hinsichtlich der Trinkwasserversorgung gelte dies im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen auch für die Betroffenheit prioritärer Lebenraumtypen oder Arten. Gründe der Bewässerung vermochten demgegenüber bei Betroffenheit prioritärer Lebensraumtypen oder Arten eine Abweichung nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL – ohne Beteiligung der Kommission – nur insoweit zu rechtfertigen, wie die Bewässerung (auch) maßgeblich günstige Auswirkungen für die Umwelt hat.

Abrundend betonte der EuGH, dass selbst gravierende Eingriffe in FFH-Gebiete im Einzelfall genehmigungsfähig sein könnten. Die FFH-Richtlinie fokussiere nicht einseitig auf den Naturschutz, sondern wolle auch die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und regionalen Anforderungen berücksichtigt wissen; sie sei Ausdruck des Prinzips der Nachhaltigkeit im Sinne des sog. Dreisäulenmodells.

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