BVerwG, Beschluss v. 20.05.2008 – 9 VR 10.08 – [Flöhaquerung]

Mit Beschluss vom 20.05.2008 – 9 VR 10.08 – hat das Bundesverwaltungsgericht dem Eilantrag eines Naturschutzvereins gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Planfestellungsbeschlusses des Regierungspräsidiums Chemnitz für die Verlegung der B 173 (Chemnitz – Freiberg) bei Flöha teilweise stattgegeben. Mit seiner Klage macht der Verein geltend, die geplante Trassenführung verstoße gegen europäisches Naturschutzrecht, weil die vorgesehene Querung eines nach Europarecht ausgewiesenen besonderen Schutzgebiets, des FFH – Gebiets “Flöhatal”, zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele dieses Gebiets führe und eine deshalb erforderliche Abweichungsentscheidung fehle.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage insoweit angeordnet, als der Planfeststellungsbeschluss den Bereich der geplanten neuen B 173 zwischen dem Knotenpunkt mit der Staatsstraße 223 (Lengefeld – Flöha) und dem östlichen Ende der Baustrecke bei Falkenau betrifft. Insoweit überwiege das Interesse des Antragstellers am Unterbleiben von Vollzugsmaßnahmen bis zum Abschluss des Klageverfahrens das Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses. Im Klageverfahren sei eine Vielzahl zum Teil schwieriger tatsächlicher und rechtlicher Fragen zu klären, die insbesondere den Gebiets- und Artenschutz in diesem die Flöhaquerung einschließenden Bereich beträfen und deren Beantwortung sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht hinreichend verlässlich prognostizieren lasse. Unter diesen Umständen entspreche es einer angemessenen Interessenabwägung, in dem genannten Bereich die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, die die Beeinträchtigung gewichtiger, auch gemeinschaftsrechtlich geschützter Gemeinwohlbelange des Naturschutzes und der Landschaftspflege zur Folge haben könnten.

Hinsichtlich der übrigen Teile des planfestgestellten Vorhabens hat das Gericht den Antrag dagegen als unbegründet abgelehnt.

Die Folgen dieses Beschlusses sind noch nicht absehbar. Insbesondere bleibt abzuwarten, ob sich die (unterinstanzlichen) Gerichte auf diese für sie recht komfortable Position zurückziehen werden, sobald in einem Eilverfahren rechtliche Fragen den europäischen Arten- und Gebietsschutz betreffend aufgeworfen werden, was bei fast allen größeren Planungsvorhaben der Fall ist. In diesen Fällen dürfte es für die Vorhabensträger schwer werden, überhaupt noch eine Eilentscheidung von den zuständigen Gerichten zu bekommen. Stattdessen sollte man sich auf lange Verzögerungen einstellen.

Allerdings spricht auch einiges dagegen, die Rechtsprechung des BVerwG pauschal auf alle Vorhaben mit Bezug zum Europäischen Naturschutzrecht zu übertragen. Zum einen hatte das Regierungspräsidium Chemnitz eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung erlassen, so dass es den Umweltverbänden jederzeit und auch noch im Eilverfahren möglich war, weitere Argumente nachzuschieben. Weiterhin betrifft der Baustopp nur den Teilabschnitt für die Querung des Flöhatals. Mit den übrigen Bauabschnitten kann dagegen bereits begonnen werden. Damit wird nicht das gesamte Vorhaben, sondern nur ein kleiner Teil des Straßenbauvorhabens verzögert. Das Vollzugsinteresse dürfte deutlich höher ausfallen, wenn das gesamte Vorhaben durch einen Baustopp auf unbestimmte Zeit verzögert würde, insbesondere dann, wenn aus anderen Gründen eine Realisierung bis zu einem Zeitpunkt X unbedingt erforderlich ist.

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