Frenz, Walter (UPR 2009, S. 5 ff.)
Konkreter Reformbedarf der Natura-2000-Richtlinie

Mit seinem Beitrag reiht sich Frenz ein in die Schar derer, die eine Reform des europäischen Naturschutzrechtes anmahnen und zeigt exemplarisch mögliche Reformansätze auf. So fordert Frenz u.a. eine Harmonisierung des Anwendungsbereiches der FFH- und Vogelschutzrichtlinie mit dem der UVP- und SUP-Richtlinie. Allerdings wird - wie von Frenz vorgeschlagen – bereits heute zur Definition von “Projekten und Plänen” auf die Definitionen in der UVP- und SUP-Richtlinie zurückgegriffen. Mit dem Vorschlag, den Anwendungsbereich sodann auf Vorhaben mit voraussichtlich erheblichen Auswirkungen zu beschränken, stellt Frenz die bisherige Beweislast als eine der Grundpfeiler der FFH-Richtlinie auf den Kopf, ohne dies ausdrücklich zu benennen.

Weiterhin schlägt Frenz vor, bei der Frage einer möglichen erheblichen Beeinträchtigung im Rahmen des Screening eventuelle Schadensbegrenzungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Unstreitig können Schadensbegrenzungsmaßnahmen bereits heute im Rahmen der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung berücksichtigt werden. Ob es sinnvoll ist, solche Maßnahmen bereits auf der Stufe des Screening  zu berücksichtigen (so VGH Kassel, Urt. v. 5.7.2007 – 4 N 867/06; unbeanstandet gelassen durch BVerwG, Beschl. v. 26.11.2007 – 4 BN 46/07) , darf bezweifelt werden. Immerhin geht es beim Screening darum, eine erhebliche Beeinträchtigung offensichtlich ausschließen zu können. Einem solchen Ausschluss steht es entgegen, wenn hierfür Schadensminderungsmaßnahmen erforderlich sind, deren Wirksamkeit in der Praxis nahezu immer streitig sind (vgl. Steeck/Lau, NVwZ 2008, S. 386 ff.)

Im Ergebnis zuzustimmen ist Frenz bei seiner Forderung nach Angleichung der Ausnahmetatbestände von Art. 9 VS-RL an Art. 16 FFH-RL. Frenz verkennt freilich hier, dass es sich hierbei um artenschutzrechtliche Ausnahmetatbestände handelt und nicht – wie die Überschrift nahelegt – um eine Frage der Vorhabenszulassung in FFH- und Vogelschutzgebieten.

Unklar bleibt der konkrete Nutzen der weiteren Forderung von Frenz nach einer Konzentration von FFH-Verträglichkeitsprüfung und spezieller artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) in einem einheitlichen Prüfverfahren. Weniger Arbeitsaufwand ist jedenfalls damit nicht verbunden; zumal die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung sowohl in räumlicher Hinsicht auch als hinsichtlich der Prüfungstiefe und der Beweislast ein völlig anderes Prüfprogramm vorsieht. Der Vorschlag , die artenschutzrechtliche Prüfung dem Prüfprogramm der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu unterwerfen, ist kontraproduktiv, würde es doch das bisherige artenschutzrechtliche Prüfprogramm deutlich verschärfen. Darüber hinaus ist in einer Vielzahl von Vorhaben eine FFH-Prüfung, nicht aber die saP entbehrlich.

Das Prüfprogramm für faktische Vogelschutz- und potentielle FFH-Gebiete zu vereinheitlichen, ist dagegen sinnvoll, setzt freilich voraus, dass von den Gerichten anerkannt wird, dass das Prüfprogramm für potentielle FFH-Gebiete unterhalb der FFH-Verträglichkeitsprüfung liegt. Dies ist nicht unumstritten. Im Weiteren verkennt Frenz bei seinen Ausführungen, dass das Verschlechterungsverbot ausdrücklich in der Vogelschutzrichtlinie normiert ist, es also nicht ausreicht, Art. 7 FFH-RL neu zu fassen.

Im Ergebnis ist dem Autor darin zuzustimmen, dass Reformbedarf besteht. Intension von Frenz ist dabei primär, den Anwendungsbereich des Europäischen Naturschutzrecht zu verkleinern. Die von ihm genannten konkreten Vorschläge sind dabei allerdings nur wenig hilfreich und zeugen von nur einer geringen Durchdringung der komplexen Reglungsmaterie des europäischen Naturschutzrechtes.

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