BVerwG, Beschluss v. 17.07.2008 – 9 B 15.08 – [Hochmoselquerung II]

Der „Hochmoselübergang” – der zweite Bauabschnitt der ca. 25 km langen Ausbaustrecke der B 50 zwischen der A 1 und der Hunsrückhöhenstraße – kann nun gebaut werden; die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) gegen das Urteil des OVG Kobelenz v. 8.11.2007 – 8 C 11523/06.OVG wurde durch das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 17.07.2008 zurückgewiesen. Damit ist das Urteil des OVG Rheinland Pfalz vom 8.11.2007 – 8 C 11523/06 -, mit dem die Klage des Naturschutzverbandes gegen den Planfeststellungsbeschluss zurückgewiesen wurde, rechtskräftig.

Die Entscheidung aus Leipzig setzt einen Schlusspunkt unter eine lange gerichtliche Auseinandersetzung. Mit seiner auf die Verletzung naturschutzrechtlicher Vorschriften gestützten Vereinsklage gegen den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss hatte der BUND zunächst sowohl vor dem OVG Rheinland Pfalz (OVG Koblenz, Urteil v. 09.01.2003 – 1 C 10187/01 -) als auch dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil v. 11.04.2004 – 4 C 2/03 -) (vgl. dazu den Beitrag zu Hochmosel I).

Die Planfeststellungsbehörde reagierte darauf mit einem ergänzenden Planfeststellungsbeschluss, der zur Sicherung der Naturverträglichkeit des Vorhabens ein Maßnahmenpaket vorsah, das u.a. Ausgleichsmaßnahmen für bedrohte Spechtarten in einem betroffenen Vogelschutzgebiet und Querungshilfen für gefährdete Fledermausarten umfasst. Ferner wurden Befreiungen von artenschutzrechtlichen Verboten erteilt.

Die erneute Klage des BUND, der vor allem geltend machte, das Vorhaben sei nach wie vor mit den Erhaltungszielen der betroffenen Vogelschutz- und FFH-Gebiete unverträglich, wies das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz ab, da der ergänzte Planfeststellungsbeschluss nunmehr mit dem europäischen und nationalen Vogel-, Habitat- und Artenschutzrecht in Einklang stehe. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichtes jetzt zurückgewiesen, weil Gründe für die Zulassung der Revision nicht gegeben seien. Der Rechtsstreit werfe keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, da das Oberverwaltungsgericht nicht von höchstrichterlichen Entscheidungen, insbesondere auch nicht von der Entscheidung des BVerwG zur Westumfahrung Halle, abweiche.

Die Entscheidung der Leipziger Richter bringt für den Praktiker freilich nur wenig neuen Erkenntnisgewinn, da sich – der Natur der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechend – das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Zurückweisung – leider – vor allem auf formale Gründe stützt und im Ergebnis wichtige Fragen ungeklärt lässt. So ist es beispielsweise wenig hilfreich, wenn über offensichtlich im Widerspruch zur Westumfahrung Halle-Entscheidung (dort Rdnr. 117) war der Senat noch davon ausgegangen, dass immer dann, wenn in einem berührten FFH-Gebiet prioriäre Lebensraumtypen oder Arten vorkämen, die Stellungnahme der Kommission einzuholen sei) stehende Verfahrensmängel hinweg gegangen wird mit dem Hinweis, diese seien damals nicht tragend gewesen und einer Divergenz daher nicht zugänglich (UA, Rdnr. 29). Immerhin nutzt der Senat die Chance, seine Halle-Entscheidung in einigen wenigen Punkten zu konkretisieren. So stellt er fest, dass der dort genannte Rechtssatz, wonach Mängel in der FFH-Verträglichkeitsprüfung regelmäßig auf die Abweichungsprüfung durchschlage, dann nicht gelte, wenn im Wege einer “Worst-Case-Betrachtung” hilfsweise die quantitativ und qualitativ in Rechnung zu stellenden Beeinträchtigungen und ihre Erheblichkeit unterstellt der Abweichungsprüfung zu Grunde gelegt werden (UA, Rdnr. 24). Ferner stellt der Senat mit Verweis auf das unterschiedliche Prüfprogramm von Habitat- und Artenschutz klar, dass kein Automatismus dergestalt besteht, dass bereits immer dann habtatschutzrechtliche Verbote vorlägen, wenn artenschutzrechtliche Verbote berührt seien (UA, Rdnr. 20).

Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Bundesverwaltungsgericht angesichts der hohen Hürden im europäischen Naturschutz offensichtlich bereit ist, Fehler unterinstanzlicher Gericht durch zu winken. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Rechtssätze richtig wiedergegeben werden, dann aber nachlässig subsumiert wird.

Diese Vorgehensweise ist für die Praxis freilich wenig hilfreich, da die Rechtssicherheit hierdurch nicht größer wird.

Weitere Informationen:

Entscheidungsbesprechungen:

Fundstellen (Leitsätze und Gründe):

  • NVwZ 2008, S. 1115 ff.
  • NuR 2008, S. 659 ff.
  • UPR 2008, S. 451 ff. 

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