Füßer, Klaus/ Lau, Marcus (NuR 2009, S. 445 ff.)
Die systematische Verankerung des Artenschutzrechts im Ordnungsrecht

Die mit dem Artenschutzrecht verbundenen Probleme sind hinreichend bekannt. Territorial nicht auf bestimmte Schutzgebiete begrenzt sondern ubiquitär geltend, kann man dem Artenschutz kaum ausweichen. Ist man dann erst einmal in dessen Anwendungsbereich, unterliegt es nicht der Abwägung und eröffnet kaum nennenswerte Spielräume durch Kompensationsmaßnahmen.  Sind auch noch Arten im schlechten Erhaltungszustand betroffen, kann dies schnell das Aus für ein Vorhaben bedeuten.

Wie der weitgehend übereinstimmenden Forderung nach mehr Augenmaß im Artenschutzrecht gerecht werden kann, ist heftig umstritten. Der unterhaltsame Beitrag von Füßer/Lau dürfte die Diskussion noch einmal entfachen, sieht er doch einen ganz eigenen Lösungsansatz vor allem für das viel diskutierte Problem der Verwirklichung des Tötungstatbestandes des Art. 42 Abs. 1 BNatSchG durch die Kollissionen von Tieren mit Kraftfahrzeugen oder auch Flugzeugen vor.

Ausgangspunkt ist die These,  das Artenschutzrecht sei strukturell dem Ordnungsrecht zuzuordnen. So sähe das Artenschutzrecht zunächst auf der Tatbestandseite das Verbot von Realhandlungen vor, die mit einem unerwünschten Erfolg verbunden sind. Die Verwirklichung des Tatbestandes sei sodann auf der Rechtsfolgenseite  - insoweit typisch für das Ordnungsrecht  - mit entsprechenden Bußgeldern u.ä. strafbewehrt. 

Sodann schränken die Autoren den Anwendungsbereich des Artenschutzes über den Störerbegriff ein. So kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die Genehmigungsbehörde nur dann verpflichtet sei, bei Genehmigungen von Vorhaben auch Regelungen zum Schutz geschützter Arten zu treffen, wenn schon durch die Genehmigung selbst die Schwelle zur konkreten Gefährdung überschritten werde. Dies sei regelmäßig nicht der Fall, wenn die Gefahr für die Arten nicht durch die Errichtung des Vorhabens, sondern erst durch den Betrieb (Stichwort: Vogelschlag) ausgeht.

Letztlich läuft es also auf die Frage hinaus, wer für die Bewältigung der Folgen des Betriebes einer Anlage, sei es nun einer Straße, eines Flughafens oder eines Chemiewerkes, zuständig ist. Entscheidend ist dabei bisher, ob die von der Genehmigungsbehörde erlassene Zulassungsentscheidung nur die Errichtung oder auch den Betrieb erfasst und - falls der Betrieb einer weiteren Zulassungsentscheidung vorbehalten ist - der Konflikt auf dieser Ebene noch lösbar ist. Normalerweise wird also die hier aufgeworfene Fragestellung aus Sicht des Planungsrecht betrachtet.

Der von den Autoren insoweit vorgenommene Wechsel der Perspektive, nämlich die Betrachtung aus Sicht des Artenschutz als Ordnungsrecht, bereichert insoweit die Diskussion, als dass es hier eigentlich nicht zu Wertungswidersprüchen kommen dürfte.

Ob die dennoch bestehenden Wertungswidersprüche dadurch aufgelöst werden können, indem man durch das Polizei- bzw. Ordnungsrecht mit seine Kategorien des Handlung- und Zustandsstörer sowie  des Zweckveranlasser gleichsam das Planungsrecht in die Schranken verweist, ist allerdings fraglich.

Im Übrigen gibt es auch viel Gründe, dem zweifellos vorhanden ordnungsrechtlichen Aspekt des Artenschutzes nicht allzu viel Bedeutung zuzumessen. Zum einen gibt es eine Vielzahl von Vorschriften mit ähnlicher Normenstruktur, die nicht unter dem Gesichtspunkt des Ordnungsrechtes behandelt werden. Auch bleiben die Autoren die Antwort schuldig, wie das System der Ausnahmen und Befreiungen in die von ihnen vorgegebene ordnungsrechtliche Struktur zu integrieren ist.

Letztlich scheint die Überbetonung des ordnungsrechtlichen Aspektes des Artenschutzes allein wegen der besseren Bewältigung von Tierkollissionen etwas überambitioniert. Insoweit ist mit Spannung zu erwarten, ob die Literatur den Ball von Füßer/Lau aufnehmen und wie sie ihn ggf. zurückspielen wird.

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