BVerwG, Urteil vom 26.4.2007 – 4 C 12/05 – [Mühlenberger Loch]

Mit Urteil vom 26.4.2007 hat das Bundesverwaltungsgericht die Klage eines lärmbelasteten Anwohners gegen den Planfeststellungsbeschluss zur Erweiterung des Airbus-Werkes in Finkenwerder und zu der damit einhergehenden Aufspülung des Mühlenberger Lochs abgewiesen.

Das Mühlenberger Loch ist eine gering durchströmte Bucht der Elbe mit tidebeeinflussten Vorland- und Süßwasserwattflächen. Das Gebiet wurde als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen und ist seit 1998 gegenüber der Kommission der Europäischen Gemeinschaften als Europäisches Vogelschutzgebiet gemeldet. Ferner benannte das Bundesumweltministerium das Gebiet als potenzielles FFH-Gebiet. 

Um die Werkserweiterung der anliegenden Airbus Deutschland GmbH für den Bau des Flugzeugs zu ermöglichen, plante die Stadt Hamburg eine Teilfläche des Mühlenberger Lochs von 170 ha mit Sand aufzuspülen. Damit sollte der für die Werkserweiterung und die Landebahnverlängerung erforderliche Platz geschaffen werden.  

Das Urteil enthält zum Europäischen Naturschutzrecht keine weiterführenden Aussagen. Interessant sind in diesem Zusammenhang allerdings die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur Befugnis des Einzelnen, die Verletzung von naturschutzrechtlichen Vorschriften zu rügen.

So stellt das Bundesverwaltungsgericht zunächst fest, dass einem lärmbetroffenen Anwohner ein umfassendes Rügerecht ähnlich dem einen von der Enteignung Betroffenen nicht zusteht. Es wies darauf hin, dass das für die Enteignung erforderliche Wohl der Allgemeinheit eine spezifisch enteignungsrechtliche Gesamtabwägung aller Gemeinwohlgesichtspunkte erfordere, da nur ein im Verhältnis zu entgegenstehenden öffentlichen (und auch privaten) Interessen überwiegendes öffentliches Interesse geeignet sei, den Zugriff auf privates Eigentum zu rechtfertigen. Eine solche spezifisch enteignungsrechtliche Gesamtabwägung sei dagegen zur Rechtfertigung einer nur mittelbaren Eigentumsbeeinträchtigung nicht erforderlich (Rdnr. 29). Da die Normen des europäischen Naturschutzrechtes nicht drittschützend seien, bestünde auch kein generelles Recht des Einzelnen, Verstöße hiergegen zu rügen.

Ob sich aus Gemeinschaftsrecht ergibt, dass sich ein lärmbetroffener Kläger auch auf die Verletzung gemeinschaftsrechtlicher Naturschutzregelungen berufen kann, soweit ihm nach innerstaatlichem Recht ein Abwehrrecht gegen den Verwaltungsakt zusteht, hat das Bundesverwaltungsgericht unter - etwas unglücklicher – Bezugnahme auf ein Zitat aus dem Schlussantrag der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache C-127/02 - Herzmuschelfischer, dort unter Rdnr. 139, offen gelassen (Rdnr. 32 unten). Dies ist freilich wenig hilfreich, ergibt sich doch aus dem Zusammenhang mit der dort in Fußnote 45 zitierten Rechtsprechung, dass sich die Aussage der Generalanwältin ausschließlich auf die Frage bezog, ob sich der Einzelne auf die direkte Anwendung der Richtlinie berufen kann, wenn die Umsetzungsfrist abgelaufen ist, ohne dass der Mitgliedsstaat die Richtlinie umgesetzt hat. Eine Aussage etwa dahingehend, dass ein Kläger generell auch die Verletzung habitatrechtlicher Vorschriften rüge könne, wenn ihm nach nationalstaatlichem Recht ein Abwehrrecht gleichsam als Trägerverfahren zusteht, kann dem Zitat dagegen gerade nicht entnommen werden.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten: Die Verletzung habitatrechtlicher Vorschriften können neben den im Einzelfall klagebefugten Naturschutzverbänden nur enteignungsrechtlich Betroffene rügen. Etwas anderes lässt sich auch dem Schlussantrag zur Muschelfischerentscheidung nicht entnehmen.  

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