Stüer, Bernhard (DVBl 2009, S. 1 ff.)
Europäischer Gebiets- und Artenschutz in ruhigerem Gefilde.

Entscheidungsbesprechung zuBVerwG, Urteil v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – [Nordumfahrung Bad Oeynhausen], BVerwG, Beschluss v. 17.07.2008 – 9 B 15.08 – [Hochmoselquerung II], NdsOVG, Urteil v. 11.09.2008 – 7 KS 1269/00 – [B1 Hildesheim - Himmelsthür], BVerwG, Urteil v. 12.3.2008 – 9 A 3.06 – [A 44 VKE 20 Hessisch-Lichtenau II] und BVerwG, Beschluss v. 13.03.2008 – 9 VR 10/07 – [Jagdbergtunnel]

Stüer kommentiert in der ihm eigenen – unterhaltsamen – Weise die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes des letzten Jahres, an denen er zum Teil auch selbst als Prozessbevollmächtigter des Landes Hessen und des Landes Rheinland-Pfalz beteiligt war. 

Auch wenn eine inhaltliche vertiefte Auseinandersetzung nicht zu erwarten war, enttäuscht doch, wenn die Obersätze der Leipziger Richter undistanziert wiedergegeben werden, ohne diese inhaltlich zu hinterfragen. So trifft es zwar zu, dass – um ein Beispiel zu geben – das Bundesverwaltungsgericht für den Fall, dass im Rahmen der Alternativenprüfung auch die ins Auge genommenen Alternativen FFH-Gebiete beeinträchtigen, auf eine formale Betrachtungsweise abstellt. Es ist aber bereits jetzt abzusehen, dass diese Rechtsprechung keinen Bestand haben wird, sondern für den Fall, dass alle Alternativen FFH-Gebiete mit Lebensraumtypen/Arten gleicher Wertigkeit erheblich beeinträchtigen, doch auf so genannte Feindifferenzierungskriterien abzustellen ist. Dem – interessanten, aber gemeinschaftsrechtlich wohl nicht haltbaren – Vorschlag von Stüer, in Weiterentwicklung der Rechtsprechung des BVerwG stattdessen auf den fachplanerischen Abwägungsspielraum mit allen hier einstellbaren Belangen umzuschwenken, wird damit der rechtliche Boden entzogen werden.

Verwirrend ist, wenn Stüer rät, in den Grenzfällen von erheblicher/nicht erheblicher Beeinträchtigung vorsorglich eine Abweichungsprüfung durchzuführen. Gemeint ist damit nicht etwa, dass eine Beeinträchtigung zunächst ausgeschlossen wird, aber – insofern hilfsweise - dennoch eine Abweichungsprüfung durchgeführt wird. Auch reicht es nicht aus, gleichsam ohne Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung eine Abweichungsprüfung durchzuführen. Vielmehr kann dort und nur dort, wo aufgrund bestehender Erkenntnislücken eine erhebliche Beeinträchtigung einzelner Schutzgüter (LRT/Arten) nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, diese im Wege einer worst-case-Betrachtung unterstellt werden.   

Alles in allem gibt der Beitrag von Stüer einen guten Überblick über die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes im Naturschutzrecht.

Den Beitrag mit dem schönen Untertitel “Von der Halle-Westumfahrung und Hessisch Lichtenau durch den Jagdbergtunnel und über die Hochmoselbrücke nach Bad Oeynhausen mit Schlingerkurs nach Hildesheim” finden Sie hier.

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