VGH Kassel, Urteil v. 25.06.2009 – 4 C 1347/08.N – [Straßenplanung und Artenschutz]

Mit Urteil vom 25.06.2009 hat der VGH Kassel einen Bebauungsplan zur Festsetzung von Verkehrsflächen aus Artenschutzgründen für unwirksam erklärt.

Ausgehend von der Voraussetzung der Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB war das spezielle Artenschutzrecht zentraler Gegenstand der vorgenannten Entscheidung. Unstreitig ging das verfahrensgegenständliche Straßenbauvorhaben mit dem Verstoß gegen artenschutzrechtliche Zugriffsverbote einher. Die zuständige Naturschutzbehörde hatte der Antragsgegnerin jedoch eine (befristete) Befreiung nach § 62 BNatSchG erteilt. Insoweit ist zwar umstritten, ob die Gemeinde überhaupt Adressatin einer solchen Befreiung sein kann, da die Zugriffsverbote durch den betreffenden Bebauungsplan noch nicht, sondern erst durch dessen Verwirklichung erfüllt werden. Doch kam es vorliegend hierauf nicht an, da die planende Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast zugleich die für die Umsetzung des Bebauungsplans zuständig und damit zweifelsohne richtige Adressatin der Befreiung gewesen ist.

Anlass zur Befreiungserteilung hatte letztlich nur das von der Antragsgegnerin ins Auge gefasste Ausgleichskonzept gegeben. Dieses erachtete der VGH indes für nicht hinreichend rechtlich abgesichert. Zunächst konstatierte der VGH, dass auch die mit Blick auf die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote vorgesehenen (vorgezogenen) Ausgleichs-, Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen in der Bauleitplanung über die in § 1a Abs. 3 S. 3 BauGB geregelten Vorkehrungen “festgesetzt” werden können. Dies verlange ein Mindestmaß an rechtlicher Sicherung, woran es hier – angesichts der Tasache, dass Flächen Privater in Anspruch genommen werden – fehle. Die betreffenden (Ausgleichs-)Flächen waren nämlich lediglich für einen Zeitraum von 10 Jahren von der Antragsgegnerin gepachtet worden. Insoweit heißt es im Urteil: “Kehrseite der zeitlich unbegrenzten Geltungsdauer des Bebauungsplans ist nämlich, dass auch der Ausgleich für die Eingriffe in Natur und Landschaft nicht zeitlich befristet sein darf, weil die zu erwartenden Eingriffe von zeitlich unbegrenzter Dauer sind [...].”

Vermag das Ergebnis noch zu überzeugen, so ist das hinsichtlich der Begründung nicht der Fall. Abzustellen ist nicht auf die Dauer des Eingriffs, sondern auf den Zeitraum, innerhalb dessen sich auf den betreffenden Flächen eigenständig lebensfähige Habitate entwickelt haben werden. Spätestens ab dann nämlich bedarf es keiner zusätzlichen rechtlichen Sicherung mehr, weil die Flächen jedenfalls von da ab ihrerseits in den Genuss der artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote, der Eingriffsregelung u.ä. kommen.

Weitere Informationen:

Fundstellen (Leitsätze und Gründe):

  • NuR 2009, S. 646 ff.

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